
Ende Oktober 1806 marschierten französische Truppen in das kleine Kurfürstentum Hessen-Kassel ein und eine siebenjährige Fremdherrschaft begann. Das neu gegründete Königreich Westphalen vereinigte preußische, hannoversche, kurhessische und sächsische Territorien. Regierungssitz war das Schloss Wilhelmshöhe in Kassel. Es regierte der jüngere Bruder von Kaiser Napoléon, Jérôme.

Bereits im Jahr 1806 war es zu einem ersten Aufstand gegen die neue Besatzungsmacht in Marburg gekommen, an dem auch Einwohner aus Sterzhausen beteiligt gewesen waren. Am 24. Juni 1809 kam es dann zu einem erneuten Marburger Aufstand (Insurrektion). Geführt wurde dieser vom Medizinprofessor Johann Heinrich Sternberg und dem hessischen Leutnant Andreas Emmerich.
Am Aufstand nahmen auch folgende Sterzhäuser teil:
a) der Ackermann Damshäuser, b) der Ackermann Johann Wendel Günther, c) der Tagelöhner und spätere Gemeindeforstläufer Johannes Moog, d) der Ackermann Johann Conrad Naumann (*27.12.1785), e) der Knecht Kraft Rösser (*19.04.1785), f) der Ackermann und Hufschmied Johann Adam Schmidt (*27.06.1780), g) der Viehhirte Johannes Stück (*03.01.1771), der Neffe von Balthasar Moog, sowie h) der Tagelöhner Johann Jacob Werner (*14.07.1783).
Zwei traten dabei besonders hervor: Johann Wendel Günther und Johannes Moog. Das Schicksal dieser beiden wollen wir etwas näher betrachten:
- Ackermann Johann Wendel Günther: am 02.05.1776 in Sterzhausen geboren; unehelicher Sohn des Dragoners Johann Jacob Günther aus Opper Haus und der ledigen Margaretha Martin aus Haus Nr. 37. Johann Wendel Günther diente von 1792 bis 1806 als hessischer Husar. Er nahm bereits am Marburger Aufstand im Jahr 1806 teil. In der Nacht des zweiten Aufstandes im Jahr 1809 trug er ein Gewehr, wurde verhaftet und ins Stockhaus gesperrt. Am 19. Juli 1809 wurde er zusammen mit Sternberg und Emmerich als Rädelsführer in Kassel hingerichtet. Günther war unverheiratet. Seine Physiognomie laut Verhörprotokoll vom 03. Juli 1809: „ […] ein Mann groß ungefähr 1 metre 700 millimetres, hat braune Augenbrauen graue Augen, langes Gesicht, spitze Nase, breites Kinn, ordinairen Mund“.
- Tagelöhner und Gemeindeforstläufer Johannes Moog: geboren am 16.05.1754; ehelicher Sohn des Henrich Moog aus dem Darmstädtischen und der Catharina geb. Lind. Moog hatte schlohweißes Haar, im Volk hieß er deshalb „der weiße Moog“. Er führte schon den Marburger Aufstand im Jahr 1806 an, erschoss dabei einen Wachtposten und wurde von den Gendarmen gejagt. Auf seinen Kopf war eine Belohnung ausgesetzt worden. Er entkam und verbrachte den Winter 1806/07 in einer Höhle auf dem Wollenberg, lebte vom Wildern und den Gaben der Bevölkerung. Als alter hessischer Husaren-Korporal trug er am 24. Juni 1809 seine Uniform. Er sollte laut Sternberg die hessischen Garden anführen, war zudem für Pulver und Patronen zuständig. Die Gewehre der Sterzhäuser Bauern wurden in seinem Haus geladen, Patronen hatte er schon vor Ostern 1809 selbst gefertigt. Nach dem Aufstand konnte Moog zunächst entkommen und wurde erst am 22. August 1810 gefasst. Am 29. Oktober 1810 wurde er zum Tode durch das Schwert verurteilt, jedoch am 3. Dezember 1810 begnadigt zu 20 Jahren Eisenstrafe. Dies bedeutete, dass der Inhaftierte eine zwei Pfund schwere Eisenkugel, die an einer 2,5 Meter lange Kette befestigt war, mit sich herum tragen musste; auch bei der Zwangsarbeit, die laut Gesetz täglich 10 Stunden, im Winter 8 Stunden betrug. Am 10. Dezember 1810 wurde er zusammen mit zwei weiteren Teilnehmern am Aufstand ins Magdeburger Gefängnis verlegt. Er erlebte im Jahr 1813 die Befreiung, kehrte zurück nach Sterzhausen und wurde Gemeindeforstläufer. Er starb am 19. Februar 1820 in Sterzhausen. Moog heiratete am 27.09.1777 Catharina Becker (geboren in Kernbach). Mit ihr hatte er acht Kinder.
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Literatur
Udo Muras hat die Ereignisse des Marburger Aufstands auf fast 300 Seiten aufgearbeitet:
- Udo Muras: Der Marburger Aufstand 1809. Ein vergessenes Kapitel Marburger Geschichte aus der napoleonischen Zeit. Im Anhang: Einige weitere bemerkenswerte heimatgeschichtliche Episoden aus den Jahren 1811-1813. Marburg, Magistrat der Stadt Marburg, Rathaus-Verl. 1998.
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