Die „Delineatio von der Universitæt=Giesen freyen Closter-Hoff und Wald zu Caldern“ (1722)

Den Anfang in der Rubrik „Pläne & Karten“ macht eine Darstellung, die nicht nur zu den ältesten, sondern auch zu den schönsten zum Lahntal gehört. Die Zeichnung aus dem Jahr 1722 zeigt das Kloster Caldern mit den Waldungen, die, wie die Klosteranlage, in dieser Zeit zur Universität Gießen gehörten. Eingetragen sind zahlreiche Flurnamen, immerhin angedeutet die Dörfer, Kirchen oder Höfe und Mühlen in der Umgebung. Besonders markiert ist der Wald im Bereich des heutigen Rimbergs, der „dem Teutschen Orden“ gehöre und hier als „Ronneberg“ bezeichnet wird.

"Delineatio von der Universitæt=Giesen freyen Closter-Hoff und Wald zu Caldern" 1722, HStAM, Karten, P II 17198
„Delineatio von der Universitæt=Giesen freyen Closter-Hoff und Wald zu Caldern“ 1722, HStAM, Karten, P II 17198 (via Commons) (Vergrößerung per Mausklick)

Vollständiger Originaltitel: Delineatio von der Universitæt=Giesen freyen Closter-Hoff und Wald zu Caldern.

Legende/Erklärung der Nummern im Bild wie im Original:

  1. Die Kirche, wobey die Universtæt das Jus patronatus hat.
  2. Das Pfarr=Hauß, und Hoff.
  3. der Paradies-Garten.
  4. Baum des Erkantnüs gutes und böses. [!]
  5. Locus judicij.
  6. Der halbe Hoff, Welcher dermahlen auf 8. Jahr an Gerlach Schmid verliehen.
  7. Die ander Helffte dieses Hoffs, Womit Johannes Klingelhöffers Wittib [d.h. Witwe] belehnt ist.
  8. der alte ConventBau.
  9. der neu gegrabene Brunnen.
  10. der Waßertrog zur Viehtränck
  11. Der Ort wo diese Tränck vor diesem gestanden, und darüber der Streit unter den Hoffleuthen entstanden.
  12. Der Orth, wo der Brunnen entspringt u. gefangen wird.
  13. Ein Orth, alwo mit wenigem [!] Kosten ein Teich kan angeleget werden.
  14. Universitæts=Förster.
  15. Die Universitæts=Mühle.

Delineatio übrigens bedeutet Abriss oder Darstellung. Der hessische Löwe dürfte das alte Wappen der Universität Gießen halten, auf dem auch ihr Gründungsjahr (1607) vermerkt ist. Erst wenig später, 1736, wählte die Universität das Antoniterkreuz als Wappen (und nutzt es bis heute). Zeichner der Karte ist J. F. Happel.

Leicht zu übersehen ist der „Universitæts=Förster“ in der unteren rechten Ecke der Karte, der gerade auf einen Hasen anlegt. Die Zeichnung ist nicht nur ein witziges Detail, das sich so oder ähnlich auch in anderen frühneuzeitlichen Karten findet, sondern dürfte auch ein expliziter Hinweis auf das streng regulierte Jagdrecht sein (das die Universität hier offenkundig besaß).

Nachweis

Hessisches Staatsarchiv Marburg (HStAM), Sign. HStAM, Karten, P II 17198, Klosterhof und Wald Caldern der Universität Gießen 1722

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Die Karte kam u.a. bereits in der umfangreichen Chronik von Caldern zum Abdruck, die zur 1200-Jahr-Feier publiziert worden ist („Calantra 817 – Caldern 2017“, S. 53). Darüber hinaus illustriert sie auch den Wikipedia-Artikel zum Kloster Caldern.