Brungershausen ist bekanntlich der kleinste aller Lahntaler Ortsteile. 1838 lebten hier 60, 1885 immerhin 80, 1961 wieder nur 68 und 2014 95 Einwohner. Die überschaubare Größe Brungershausens hat allerdings auch seine Vorteile – denn anders wäre Reinhard Richsteins Vorhaben einer Chronik, die selbst die Bau- und Nutzungsgeschichte einzelner Höfe oder Wohnhäuser erfasst, kaum möglich gewesen.
Auf knapp einhundert Seiten schildert Richstein die Geschichte seines Dorfes, beginnend mit der Frühgeschichte des Ortes im frühen Mittelalter und der Verbindung mit dem zwischen 1238 und 1250 gegründeten Zisterzienserinnenkloster Caldern, in dessen Besitz das gesamte Dorfgelände allmählich überging. Den erst ab 1992 entdeckten Burgstall Brungershausen (nur einer von mehreren Burgställen im Lahntal) konnte Richstein noch nicht kennen.
Im weiteren Verlauf wird beispielsweise die Anlage des Dorfes im 17. und 18. Jahrhundert geschildert und die „Speziale Beschreibung“ Brungershausens von 1767 – die sog. Katastervorbeschreibung – vollständig wiedergegeben (S. 19-30). Hier werden das Dorf mit öffentlichen und kirchlichen Einrichtungen, die Einwohner und ihre Tätigkeiten, Rechts- und Besitzverhältnisse sowie die Umgebung und selbst Bodenschätze ausführlich geschildert – wobei man unter anderem erfährt, dass sich im Dorfbach „nichts als Elritzen und gar wenige Krebse“ befinden, dafür dreißig Jahre zuvor in der Nähe des Dorfes Kupfererz gefunden worden sei. Die Überreste des dazu angelegten Bergwerks, so Richstein, sind bis heute noch zu sehen (s. auch den Eintrag im Lexikon).
Teils detailliert beschrieben werden die Entwicklung und die Hofnachfolge der Höfe (Biegarte, Ennersch , Gehannpeters, Jokobs, Meuersch), die Geschichte der ehemaligen, bereits im Hochmittelalter existierenden Mühle an der Lahn, des Forsthauses Hauwald und die Bau- und Besitzgeschichten der älteren Wohnhäuser in Brungershausen (Paulines Haus, Andres Haus, Bohls Haus, Altes Zollhaus/Chausseehaus/Pfeiffers Haus und das etwas jüngere Gehans-Haus). Abgeschlossen wird der Band beispielsweise mit kurzen Beschreibungen der jüngeren Entwicklung bis in die 1980er Jahre, der Waldungen, der Legende der Wichtelhäuser Steine, des Friedhofs sowie der legendären Räuberbande („Lumpensammlerbande“) aus Brungershausen, die 1808 ein Gasthaus in Mornshausen (heute ein Stadtteil von Gladenbach) überfallen haben soll.
Illustriert ist die Chronik mit zahlreichen historischen Fotoaufnahmen von Gebäuden und Einwohnern und Ausschnitten der ersten bekannten Dorfpläne und -skizzen sowie der Flurkarte von 1751.
Richsteins Werk zeugt nicht nur von der großen Zuneigung zu seinem Dorf, sondern ist auch überaus fundiert und damit unverzichtbar für die Dorfgeschichte Brungershausens: Er hatte nicht nur Zugang zu familienbezogenen Aufzeichnungen und Ahnennachweisen, sondern hat auch umfangreiche Archivrecherchen durchgeführt. Verwiesen wird beispielsweise auf zahlreiche Urkunden, Steuer- und Rechnungsbücher im Staatsarchiv Marburg oder im Universitätsarchiv Gießen, mehrere Dokumente wurden vollständig transkribiert. Diverse Urkunden zu Verkäufen oder Schenkungen von Land und Gütern des 13. bis 16. Jahrhunderts werden sogar in Regestform wiedergegeben und erschließen die Namen adeliger Guts- und Landbesitzer (S. 12-17).
Bibliografische Angaben:
Reinhard Richstein: Brungershausen im Wandel der Zeit. Eine Dorf-, Haus- und Familienchronik. Lahntal, Heimat- und Geschichtsverein 1987.
Broschur, 97 S., zahlreiche Abbildungen
Das Buch ist antiquarisch nur in Ausnahmefällen erhältlich.