Jammer, Burghard Philipp (1860-?) („Lindemann“)

Burghard Philipp Jammer (Ausschnitt aus einem Foto aus der Zeit um 1900)
Burghard Philipp Jammer (Ausschnitt aus einem Foto aus der Zeit um 1900)

Wie wir wissen war das Jahr 1888 das sogenannte Drei-Kaiser-Jahr. Sterzhausen stand diesem Umstand nichts nach: Es hatte im Jahr 1888 drei Bürgermeister!

Nachdem die Amtszeit von Bürgermeister Johannes Damm (Ortsname „Fonke“) im Jahre 1888 endete und er nicht zur Wiederwahl vorgeschlagen wurde, wurde am 20.07.1888 der Ackermann Valentin Bender („Schuls“) zum Bürgermeister gewählt. Bender erklärte allerdings, dass er das Amt nur annehmen werde, wenn er eine Vergütung in Höhe von 180,- Mark statt bisher 150,- Mark pro Jahr erhalten würde. Dies wurde von Gemeinderat und -ausschuss allerdings abgelehnt. Deshalb erfolgten am 31.07.1888 und am 03.11.1888 erneut Bürgermeisterwahlen. Wiederum wurde Valentin Bender gewählt. An seiner Einstellung bezüglich des Gehaltes änderte sich allerdings auch nichts. Er nahm das Amt einfach nicht an.

Endlich am 31.12.1888 wurde der damalige Ackermann und Gastwirt Burghard Philipp Jammer („Lindemann“) im 3. Wahlgang mit 8 Stimmen zum neuen Bürgermeister gewählt. Am 21.01.1897 (15 Stimmen) und am 27.03.1903 (mit 10 Stimmen) erfolgte jeweils die Wiederwahl von Jammer. Am 14.06.1907 bat er um seine Entlassung. Am 13.07.1907 wurde er zum dritten Mal wiedergewählt. Er nahm die Wahl diesmal allerdings nicht an. Daher wurde am 06.08.1907 erneut gewählt. Neuer Bürgermeister wurde nun der Ackermann Nicolaus Lind („Rössers“) mit 6 Stimmen.

Burghard Philipp Lindemann wurde am 15.11.1860 in Sterzhausen (Haus Nr. 13) als jüngstes Kind des Ackermannes, Gastwirtes und Kirchenältesten Johann Peter Jammer und dessen Ehefrau Margaretha geb. Iburg geboren. Die Gastwirtschaft wurde an dem Platz betrieben, an dem sich heute die Apotheke befindet.
Der älteste Bruder, der Ackermann Johannes Jammer, übernahm nach dem Tod des Vaters im Jahre 1867 zunächst den Hof und die Gastwirtschaft. Burghard Philipp Jammer wurde zunächst zum Studieren nach Kassel-Wilhelmshöhe geschickt. Einer seiner Mitstudenten war zeitweise der spätere Deutsche Kaiser Wilhelm II.

Da plötzlich verstarb der älteste Bruder Johannes Jammer auf dem Weg nach Wetter hin. Vermutliche Todesursache war ein Hirnschlag. Johannes Jammer starb ledig. Da sein zweitältester Bruder, der Ackermann, Gemeinderat und Kirchenälteste Conrad Jammer, bereits im Jahre 1878 in den „Boppshof“ eingeheiratet hatte, musste Burghard Philipp Jammer nun den Hof und die Gastwirtschaft übernehmen. Wie bereits erwähnt wurde er im Jahre 1888 dann sogar Bürgermeister.

Warum seine Wahl mit Schwierigkeiten verbunden war, beantwortet ein Blick in die kurhessische Gemeindeordnung vom 23.10.1834. In § 42 geht es um die persönlichen Erfordernisse eines Ortsvorstandes (in Landgemeinden ist damit der Bürgermeister gemeint):

§ 42 – Persönliche Erfordernisse eines Ortsvorstandes:
Zu Ortsvorständen können nur unbescholtene, zu solchem Amte befähigte volljährige Ortsbewohner, welche nicht in zerrütteten Vermögens-Umständen sich befinden, erwählt werden. Gast- oder Schankwirte können das Amt eines Ortvorstehers nicht bekleiden, es würde denn hierzu bei gänzlichem Mangel anderer befähigten Einwohner Dispensation erteilt.

Die Gemeinde musste damals also eine entsprechende Erklärung abgeben. Erst danach wurde die Wahl vom Regierungspräsidenten genehmigt.

Burghard Philipp Jammer heiratete am 13.10.1893 die von Michelbach stammende Margaretha Weiershäuser (Tochter Ackermannes Ernst Weiershäuser und dessen Ehefrau Catharina geb. Lauer). Dem Ehepaar wurde am 06.02.1894 in Sterzhausen ein Mädchen namens Margaretha geboren. Es wurde später „Linde Gretchen“ genannt. Es blieb ein Einzelkind.

Burghard Philipp Jammer konnte seinen Besitz im Laufe der Zeit erheblich mehren. Daher wurde er in späteren Aufzeichnungen auch als Gutsbesitzer bezeichnet. Die Tochter Margaretha Jammer heiratete am 20.06.1940 den Baumeister Friedrich Karl Meisel von Schafstädt (Kreis Merseburg). Die Ehe blieb kinderlos und so starb der „Lindemann“-Zweig aus.